Juni 2025: Fahr zur Hölle, Napoleon
In Kapitel 9 der zukünftigen Ausstellung wird es um das Ende des Damenstiftes gehen. Die Auflösung des Stifts ist eng verknüpft mit den napoleonischen Kriegen.
In jener Zeit waren Karikaturen ein beliebtes Mittel politischer Propaganda. Die hier als Objekt des Monats dargestellte Karikatur trägt den Titel „Ha, ha, ha, du sollst braten“. Zeichner und Erscheinungsjahr sind unbekannt.
Die Zeichnung ist klar vertikal zweigeteilt. Im Zentrum ist Napoleon Bonaparte in typischer Uniform zu sehen: quer getragener Zweispitz auf dem Kopf, helle Uniform und schwarze, hohe Stiefel. Der Karikaturist hat Teile der Uniform in Rot hervorgehoben: die mit Fransen versehenen épaulettes (Schulterteile der Uniform), ein Tuch links am Gürtel, die Ärmelaufschläge, ein voluminöses Halstuch und die Kokarde am Zweispitz. Die Uniformen von Napoleons grande armée unterschieden sich von Uniformen anderer Armeen durch ihre farbenfrohe Ausstattung, insbesondere durch die häufige Verwendung der Farbe Rot. Napoleon wird vom Teufel gepackt, der schlicht als Ziegenbock dargestellt ist. Er zieht ihn in die rechte Bildhälfte, wo ein großes Höllenfeuer qualmend und rauchend lodert. Im Feuer sind die Köpfe weiterer Mitglieder der napoleonischen Armee und dämonenartige Vögel zu sehen.
Napoleon zetert, beschwert sich mit weit aufgerissenem Mund und hoch erhobenem rechten Arm. Er blickt in die linke Bildhälfte. Dort sind zwei Personen dargestellt, die stellvertretend für die zwei Mächte stehen, die die Hauptlast an der Bezwingung Napoleons in den Befreiungskriegen trugen – Preußen und Russland.
Der Linke ist ein Soldat der preußischen Landwehr. Er trägt einen langen Waffenrock, schwarze Stiefel, Tschako (Schirmmütze) mit Landwehrkreuz und ist bewaffnet mit einer Muskete, auf die ein Bajonett aufgepflanzt ist. Zu seiner Linken steht ein bärtiger Kavallerist, ein russischer Kosake, der ein Pferd hält und eine Lanze der leichten Kavallerie mitführt. Er trägt eine lockere Uniform und eine auffällige rote Kopfbedeckung. Beide unterhalten sich einander zugewandt. Ihre Hände weisen auf die Fläche vor ihnen, wo scheinbar gerade noch Napoleon stand.
Der Titel und die Darstellung lassen vermuten, dass die Karikatur gegen Ende der napoleonischen Kriege veröffentlicht wurde. Sie drückt aus, dass Napoleon und die Anführer seiner Armee in der Hölle verbrennen sollen. Die Freude, die der Titel scheinbar vermittelt, zeigt sich nur im Gesichtsausdruck des Teufels, der sich über seine fette Beute freut. Der Rest des Bildes ist düster, so wie die Stimmung im zerstörten Europa damals gewiss war.
Was das Ganze mit Quedlinburgs Damenstift zu tun hat, werden Sie bald in der neuen Dauerausstellung des Schlossmuseums auf dem Stiftsberg erfahren.